Die Humangenetik beschäftigt sich in erster Linie mit dem Erbgut des Menschen. Als solches ist die Humangenetik ein interdisziplinäres Fach in dem Ärztinnen und Ärzte eng mit Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern zusammenarbeiten, um eine zeitgemäße Diagnostik und molekularbiologische Forschung anzubieten. Besonderheiten humangenetischer Fragestellungen inkludieren, dass sie alle Altersgruppen und alle Körpersysteme betreffen, dass sie oft seltene Erkrankungen behandeln und regelmäßig nicht nur die Ratsuchenden selber sondern häufig auch ihre Familien betreffen. Von besonderer Relevanz ist die sogenannte prädiktive Diagnostik, die es ermöglicht bei gesunden Personen das Ausbrechen einer Erkrankung, die schwer und nicht behandelbar sein kann, vorherzusagen. Bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten steht das humangenetische Beratungsgespräch im Mittelpunkt, das immer vor der Einleitung einer Diagnostik durchgeführt werden muss. Dieses Beratungsgespräch versucht alle medizinischen und menschlichen Probleme, die mit Auftreten oder mit dem Risiko des Auftretens einer genetischen Erkrankung in einer Familie verknüpft sein können, anzusprechen.
Jede genetische Diagnostik und Beratung darf nur zum Wohle der Ratsuchenden und nach umfassender Aufklärung freiwillig durchgeführt werden. In den vergangenen Jahren sind die Herausforderungen an die Humangenetik durch den enormen Wissenszuwachs und durch neue Sequenzierungstechniken, die detaillierte Analysen ganzer Genome möglich machen, stetig gewachsen.
In diesem Umfeld sieht sich die Österreichische Gesellschaft für Humangenetik als eine Hauptquelle für Information in Bezug auf Fragestellungen, die das Erbgut betreffen und versucht diesbezüglich entsprechende Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen anzubieten. Die ÖGH bezieht Stellung zu neuen wissenschaftlichen und ethischen Entwicklungen aus den Bereichen der Genetik und Reproduktionsmedizin und arbeitet entsprechende Richtlinien und Stellungnahmen aus. Weiters bemüht sich die ÖGH um eine angemessene Positionierung der Humangenetik in der modernen klinischen und präventiven Medizin. Da die humangenetische Diagnostik nicht selten komplexe ethische Fragestellungen betrifft, ist die ÖGH um eine Sensibilisierung der österreichischen Gesellschaft für diese Problematiken bemüht.
Die ÖGH sichert auch die Qualität humangenetischer Leistungen von der humangenetischen Beratung über zytogenetische bis hin zu molekulargenetischen Untersuchungen. Nichtzuletzt gewährleistet die ÖGH adäquate Ausbildungen und arbeitet an der Reformierung von Studien- und Ausbildungsplänen mit. Für Ärztinnen und Ärzte wird von den humangenetischen Zentren die Ausbildung zur Fachärztin bzw. zum Facharzt für Medizinische Genetik angeboten, Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern können die Bezeichnung „Fachhumangenetikerin“ bzw. „Fachhumangenetiker“ erwerben.